Donnerstag, 3. Oktober 2024

Premiere Berlin – Mord im Orientexpress

oder eine längst überfällige legendäre Reise ins Schillertheater mit eineinhalb Jahre Verspätung.

Gestern abend war es soweit. Die seit März 2020 verschobene, sehnlichst erwartete Premiere im Schillertheater Berlin durfte endlich stattfinden. Unter der Regie von Katharina Thalbach und ausgeklügelten Hygienekonzept fuhr endlich der Orientexpress auf Gleis 9 3/4 ein. Glaubt ihr nicht? Könnta aber… denn die Bühne war so zauberhaft inszeniert das man fast dachte irgendwo in Hogwards zu sein – ich hab ständig den Mann mit dem Zauberstab hinter den Kulissen gesucht. Selten habe ich so viel Liebe zum Detail gepaart mit allen Finessen der Technik auf einer Theaterbühne miterleben dürfen. Und selten haben sich die verbauten Produktionskosten so wunderbar in Szene gesetzt. Doch lassen wir den Abend einfach mal Revue passieren. Wie schon bei meiner ersten Premiere, Oh What a night, stand ich tatsächlich sehr früh auf dem roten Teppich und wurde von einer Schar Autogrammjäger überrascht. Nicht das ich es nicht toll fand mal wieder etwas mit meinem Künstlernamen zu unterschreiben aber irgndwie fühlte es sich nach so langer Zeit schon “weird” aber schön an.

Überhaupt war die Kulisse auf dem Rasen vor dem Schillertheater super relaxt und die Option im Liegestuhl bei schönem Wetter ein Sektchen oder Aperol zu schlüfen lies den Abend grandios beginnen – da vergaß man sogar fast die FFP Masken Nerverei. Grundsätzlich frage ich mich wenn eh alle negativ getestet, genesen oder geimpft waren was der Spaß überhaupt noch bewirkt – vor allem rückblickend auf die hunderttausende, die im Stadion bei der EURO2020 saßen – aber was weiß ich schon. Generell hab ich nichts gegen Masken, solange ich nicht fünf Schichten Makeup trage ;). Der rote Teppich war natürlich wieder eine Örtchen der Begegnung und auch das hat sich so unglaublich gut angefühlt. Neben dem Kultursenator und Bürgermeister Klaus Lederer tummelten sich auf ihm u.a. Guido Maria Kretschmer, Detlef Buck, Klaus Wowereit, Katherine Mehrling, Max Raabe, Katja Riemann uvm.

Nicht ganz pünktlich :) durfte dann der Vorhang weichen und nach einem kleinen Prolog von Katharina Thalbach als Hercule Porridge ähhhh… oder wie hieß der kleine Franzose ;) … ahhahahaha … ich glaube diesen Running Gag des Stückes musste ich spoilern – fanden wir uns in einer Barszene mitten im Balkan wieder, die noch lange nicht das Ausmaß dessen verriet, was dann anschließend geboten wurde. Immerhin gab sie uns schonmal einen grandiosen Blick auf die mit unglaublich viel Liebe gestalteten Kostüme, die aus meiner Sicht die zweite große Stärke des Stückes waren. Schon der erste Szenenwechsel war eine Triumph, das Bühnenbild ließ einige Münder offen stehen und die wunderbare Reise von Istanbul nach London nahm ihre Fahrt auf – und das im wahrsten Sinne des Wortes, denn der Zug fuhr wirklich ab und einen Moment später befand man sich inmitten einer wilden, von Intrigen und Mordlust geprägten Kulisse innerhalb des Zuges. Während man in der oberen Etage das Geschehen der Abteile mitbekam kam es im Salonwagen zu wilden Spekulationen und zwischenmenschlichen Abenteuern. Aber keine Angst – wer die Geschichte vom Mord im Orientexpress nicht kennt, darf weiterhin gespannt lesen denn ich spoilere nicht den Mörder. Dabei fällt mir auf das ich bisher noch kein einziges Wort über meine Lieblinge, die Geschwister Pfister verloren habe, denn gerade sie verleihen dieser Inszenierung einen so wunderbaren und man könnte fast schon sagen typischen Charme. Das Geburtstagskind Christoph Marti als Helen Hubbard, Andreja Schneider, die übrigens schon bald wieder mit der tollen Katharina auf der Bank in der Bar jeder Vernunft spielt, als Prinzessin Dragomiroff und Tobias Bonn als Eisenbahndirektor Monsieur Bouc.

Nach all den Superlativen kommen wir aber auch mal zu einem Punkt, der mir von Anfang an aufgefallen ist und der den optischen Genuß von Bühnenbild, Schauspielern in grandiosen Roben und tollen Special Effects ein wenig schmälert: der TON. Irgendwie findet man sich zwar damit ab aber es braucht einfach mehr Bumms um auch in Reihe 10 alle kleinen Späße des meisterhaft schrullig gespielten Hercule Poirot mit zu bekommen. Ausserdem fehlt gerade dadurch beim Gesang und Tanz der Genuß mit allen Sinnen. Wenn ich das Stück auf der Mattscheibe gesehen hätte, hätte ich zur Fernbedienung gegriffen und mindestens 50 mal auf die PLUS Taste gedrückt. Wobei das vielleicht auch an der durch Corona gewohnten Netflixiritis liegt. Doch irgendwie verzeiht man das letztendlich und nachdem die 3 Stunden wie im Flug vergehen, der Zug in den Zielbahnhof einläuft und der Mord durch einen splattermäßigen Abgang komplett aufgeklärt wird möchte man trotzdem nochmal zusteigen und selber Gast in diesem unglaublich authentischen Setting sein – also ich bin auf jeden Fall erstmal voll gegen ein Wand gerannt, in der Hoffung wie bei Harry Potter in die Magie einzutauchen. Leider sind für die erste Spielzeit alle Karten weitestgehend vergriffen, was natürlich auch mit der coronabedingten Bestuhlung zu tun hat. Doch für das Jahr 2022, genau gesagt vom 12.3.2022 bis 3.4.2022 ist eine weitere Spielzeit geplant und ich rate jedem schnell ein Billet für das Gleis 9 3/4 zu erwerben auch wenn schon wieder von einer vierten Welle gelabert wird.

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