oder ein wunderbarer Auftakt für 2015
Kinners… ich weiß gar nicht warum ich in letzter Zeit so tolle Bewegtbilder in Dokumentationsform zum Thema “Drag” serviert bekomme. Aber eines kann ich Euch sagen – als ich den Kurzfilm “Beautiful by Night” von James Hosking gesehen habe wusste ich nicht genau welche Emotion mich als erstes überrollt hat. Angst, Wut, Trauer, Bestürzung, Freude, Stolz und Bewunderung lösten einander ab. Das Unvermeidliche wurde genauso gnadenlos ins Bild katapultiert, wie die Tatsache der Notwendigkeit. “Drag” ist eine Art Droge und nur ein unglaublich starker Wille kann dieses Lebensgefühl irgendwann einfach zu einem bestimmten Zeitpunkt ausknipsen. Doch nicht jeder hat das Glück sich den Zeitpunkt aussuchen zu können. Für manche ist diese Art des Entertainments ein notweniges Zubrot oder sogar die einzige Art den Kühlschrank zu füllen. Doch mit dem Alter sinkt die Motivation, der Spiegel wird zu deinem Feind, die Genauigkeit entflieht und macht den körperlichen Zipperlein Platz. Am Ende bleibt hoffentlich die Selbstironie – denn ohne ist es nicht zu ertragen.
Es geht aber auch um Gentrifizierung – ein Modewort, das ich eigentlich ungern nutze – da es aus meiner Sicht eine Entwicklung beschönt, die brutal und rücksichtslos ist. Vertreibung oder Ausrottung wäre eine klarere Formulierung. Gewohnte Umstände weichen und Hindernisse so groß wie Flutwellen spülen einem die Hoffung weg – tagtäglich verliert die Zuversicht ein Stückchen Land. Doch auch Freude und Stolz flimmerten aus dem Streifen von James Hosking mir entgegen. Erstaunliche Erfahrungen, schöne Begegnungen und dann doch wieder ein bisschen gemeisterter Alltag, in einer viel zu schnellebigen Welt. Einsam und doch zweisam ist die Travestie und “Beautiful by Night” zauberte diese Erkenntnis mal wieder in meine Seele. Poren öffnen sich und wollen atmen, schreien nach Luft – doch das Make-Up ist am Ende gnadenlos.
Aunt Charlie’s Lounge in San Francisco ist eine der letzten, wenn nicht sogar die letzte Travestie Spelunke (dieses Wort möchte ich wohlwollend verstanden sehen – denn auch eine Spellunke kann ein Tempel sein) im einst so berühmt berüchtigen Viertel von SF. Dort wo die Szene einst sich selbst aus der Asche empor gehoben hat. Olivia Hart, Collette LeGrande und Donna Personna sind die real existierenden Protagonisten eines verdrängten Lebensgefühls und gleichzeitig stolze Gladiatorinnen im hoffnungslosen Kampf gegen das Älterwerden.
Alle die Tricks und Kniffe, all die Doktoren und Salben und auch der Mut und der Stolz müssen eines Tages der eigenen Vergänglichkeit weichen und Hand in Hand gehen mit der anfänglich beschriebenen Selbstironie. Vielleicht hilft das Neuerfinden der eigenen Persönlichkeit eine Zeit lang drüber hinweg – doch ich glaube nur der harte Cut befreit eines Tages entgültig – sofern dies möglich ist. Ehrlich gesagt habe ich Angst vor diesem Tag… doch einmal mehr hat mir diese Dokumentation vor Augen geführt, wie gesegnet ich bin mit der Tatsache, das mein “Hobby” nicht meine einzige kreative Schnittstelle im Leben ist und doch werde ich sie eines Tages missen – dessen bin ich mir sicher.
Ich hoffe und wünsche mir, das die 28 Minuten von “Beautiful by Night” einmal mehr die Schönheit der “Fabelwesen” der Nacht verdeutlicht und keine alternden Travestiestars denunziert. Schaut hinter die Fassade und entdeckt das besondere – ich habe es gesehen. Danke James Hosking.