oder die Entjungferung der temporären Anomalie
Das ich eines Tages mal auf DER Bühne stehe, in einer Lokalität meiner frühen Jugend, die maßgeblich für meine Nachtunterhaltung zuständig war, hätt ich nie gedacht. In Zeiten als der 5. Stock am Mehringdamm 34 noch Dachluke hieß und vorpubertierenden Teenies wie mir, eine zweite Heimat bot, war die damalige Bühne die Tanzfläche, die mit schrillen early 80ties Songs bespielt wurde. Madonna wurde damals noch als Eintagsfliege belächelt und die Erste Deutsche Welle gerade am abebben. Diese Zeit war schön! und eigentlich kein Arschloch. Ja… ich möchte fast sagen, sie war sehr schön. Die Welt noch nicht im Taumel zwischen Horrorszenarien der 20 Uhr Nachrichten und europäischer Überschuldung, unter den Menschen gab es noch Toleranz und Türsteher, die einen abwiesen, wurden nicht gleich abgestochen. Furchtbar was hier gerade alles passiert… Ich glaube Zeit ist zum Arschloch geworden… ganz langsam und heimlich. Doch mit dieser Frage war ich gestern abend nicht ganz allein. Niemand geringeres als Cora Frost in Zusammenspiel mit Gert Thumser halfen bei der Beantwortung der Frage und luden sich gleich mal eine Bunte Schar Mitdenker ein. Unter anderen meine Wenigkeit… schon abgefahren wie sich der Kreis immer wieder schließt.
Im BKA herrscht Jubiläumsstimmung, denn 25 Jahre wird diese Kulturstätte nun schon bespielt und das BKA kannte kein Erbarmen und läd alles auf die Bühne was in 25 Jahren so stattgefunden hat. Eine temporäres Wurmloch tut sich auf und läßt uns Revue passieren … wunderbarer gehts wohl kaum. Gestern nun Cora mit neuen Stücken und ein einer Vielzahl von kreativen Improvisationen. Man könnte fast sagen Cora ging dahin wo noch nie ein Mench zuvor gewesen ist – tief in das Weltall der kreativen Ergüsse nahm sie ihr dankbares Publikum mit, getragen von einer gewissen Sanftheit in der ersten Hälfte und einer brutal gerockten Abenteuerlust in der Zweiten. Und genau in der kam mein Einsatz. Cora vor dem Ertrinken zu retten hieß die grobe Aufgabe und wie man sich vorstellen kann ist so ein Zeitstrudel ziemlich tückisch. Abgesehen davon hat Madame Frost frecherweise zwei Bademeister gebucht und somit gab es erstmal eine kleine Auseinandersetzung, wer von uns beiden die große Stimme retten durfte. Letztendlich griff der Gary der Gitarist zu den lebensrettenden Maßnahmen – ein Glück das man sich wenigstens auf die Band verlassen kann *loool*…
Auch sie waren nämlich Teil des bunten Programms von Cora Frost und ergänzten diesen Theaterabend um so viel. Allein die alten Geschichten im Backstage waren es Wert dieser Veranstaltung beigewohnt zu haben. Mit uns auf der Bühne waren auch noch Nolundi Tschudi mit einer klingenden Säge, Poppette Betanchor wie wir sie kennen, ein improvisiertes Puppentheater und Rita Dieter Scholl mit einem herzzerreissenden Chanson. Leider ist die Zeit schneller vergangen als erhofft… Warum? Eben.. weil sie ein Arschloch ist und sowieso macht was sie will. Diejenigen, die denken, die Zeit läßt sich von unserer diktatorischen Einteilung in Minuten und Sekunden was vorschreiben.. muß ich an dieser Stelle leider den Zahn der Zeit ziehen… Zeit macht was sie will… und meistens kommt sie auch noch zu spät. :) … wer mehr von CORA FROST und Gert Thumser erleben mag, dem sei ihr kommendes Programm im Ballhaus Ost wärmstens empfohlen… Infos jibbet hier: www.ballhausost.de und natürlich die kommende QUEER BURLESQUE Veranstaltung im CLASH Club am 14.9.