oder Rosa von Praunheim findet Christiane Ziehl
Nach eigener Aussage war es nicht leicht eine Frau zu finden, die die wahre Geschichte von Elfriede Vavrik verkörpern wollte – der zum Bestseller explodierte. Mit Christiane Ziehl ist Rosa allerdings ein Meistergriff gelungen. Auf der kleinen Bühne des Studios vom Heimathafen Neukölln, das ich bis dato noch gar nicht kannte, bot sich ein perfektes Umfeld für den Plot, der sogar etwas entschärft werden musste. Es geht um SEX… im Grunde in der heutigen Zeit nichts ungewöhnliches, wenn es sich aber um eine 79jährige Frau im schönen Herbst des Lebens handelt, die einfach nochmal auf der Suche nach ihrem ersten fremdverschuldeten Orgasmus ist, dann scheint das wohl die Gemüter zu erhitzen und die Menschen zu beschäftigen. Schließlich dürfen Frauen ab einem gewissen Alter nicht mehr geil werden – der Herrgott hat ihnen ja die Menopause verordnet…. und schon gar nicht offen mit wechselnden Liebhaber interagieren. Wobei ich glaube das diese konservative Gesellschaft jede Frau in jedem Alter mit diesem “Hintergrund” verurteilt und schlimmstenfall auf den medialen Scheiterhaufen brennen sehen will.
Rosa von Praunheim und Christiane Ziehl haben nun den kulturellen Mittelfinger erhoben und das zu recht! Wer bitte will Menschen verurteilen, die niemand anderem Schaden zufügen, sondern wahrscheinlich sogar vielen anderen Freude und Lust bereiten. Zumal es die Gemüter weniger erregt, wenn ein Kerl diese Klaviatur des Lebens bedient. Das spannendste an dieser Geschichte ist der Umstand, das meine Mutter nach dem tragischen Verlust ihres zweiten Mannes in ähnlicher Lage war und auch nochmal wissen wollte, was die neuen Medien in Sachen Partnerschaft bewirken können – mit vergleichbarem Ergebnis. Wie die Motten strömten alle Altersklassen von Männern ins vermeindliche Licht. Zwar ist mir nicht zu Ohren gekommen welche sexuellen Abenteuer meine werte Mama erlebte, aber ich kann mir gut vorstellen, das ein paar vergleichbare Exkurse dabei waren :)
Im Gegensatz zu ihr plauderte Christiane Ziehl ohne Blatt vor dem Mund über alle sexuellen Vorlieben der Männerwelt und erläutert mit Hingabe und Offenheit die neu gewonnenen Erfahrungen, die schlußendlich zum Höhepunkt geführt haben. Schön inszenierte kleine Zwischenspiele mit Wäscheleine voller BHs, Schattenspiele und Telefonstimme aus dem Off gaben dem Solostück Tiefe und Dimension. Das einzige was zeitweilig nicht meinen Geschmack traf waren die eingeblendeten “Illustrationen” von Rosa, der mit Hingabe und Filzer alle Charaktere der Geschichte im Detail zu Papier gebracht hat. Prädikat: WICHTIG und UNTERHALTSAM. Weitere Termine sind Freitag, 20.05.2016, 19:30 Uhr, Donnerstag, 02.06.2016, 19:30 Uhr und Freitag, 03.06.2016, 19:30 Uhr im Heimathafen Neukölln. Tickets findet ihr HIER