Sonntag, 8. Dezember 2024

My Square Lady Premiere in der Komischen Oper

oder ich denke ich stehe also bin ich…

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© Iko Freese / Drama-Berlin.de

Robotik ist DAS Thema unserer Zeit. Künstliche Intelligenz für mich eine “Blackbox” die un(be)greifbar ist. Im Netz kursieren Videos von vermeindlichen Versuchen Robotern das Laufen beizubringen (Ok.. Honda hat einen Fussballer gebaut der auf einem Bein hüpfen kann aber wieviel KI drinsteckt weiß ich nicht). Und von echter künstlicher Intelligenz oder künstlichen Emotionen sind wir im realen Leben noch gefühlte Lichtjahre entfernt. Umsomehr war ich neugierig auf die Inszenierung “My Square Lady” in der Komischen Oper, die genau diese Themen in den Fokus rücken. Schon der Auftakt ist anders und sehr originell. Das Publikum wird mitgenommen und bekommt unverblümt Ängste aber auch Hoffnungen zu diesem Thema von Mitarbeitern der Komischen Oper serviert. Im Anschluß an die unterschiedlichsten Meinungen leitet ein Kinderchor in selbstgebastelten Papp-Roboterkostümen das Stück ein, um dann von den Chorsolisten der Komischen Oper unterstützt zu werden. Es wird voll auf der Bühne… die unterschiedlichen Protagonisten stossen stimmgewaltig dazu, um dann IHN anzukündigen wie den heiligen Messias. Myon, so heißt der kleine Roboter, wird letztendlich auf opulentem Thron in Szene gesetzt und als des Menschen größtes Meisterwerk gehuldigt… allein dieses lustige Bühnenbild ist ein Besuch wert.

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© Iko Freese / Drama-Berlin.de

Doch natürlich muß wieder zurückgeschraubt werden – wie sonst soll ein Spannungsbogen entstehen. Einblicke in den Ablauf, in die Gedankengänge der Entwicklung werden preisgegeben, Bühnenanweisungen lauthals ausgeplappert, Videoeinspieler zeigen die Gedanken des Roboters auf und eine Diskussionsrunde wird eingeleitet, die sich im Stile der 12 Apostel damit beschäftigt, dem Messias die elementarste Dinge des menschlichen Seins zu erklären. Klingt langweilig, hat auch nicht jedem gefallen ABER löste in mir eine Fragestellung aus: Sind wir in der Lage ein Verständis für Emotionen zu programmieren? Garniert wurde diese Fragerunde natürlich mit Gesang und mit einzigartigen Bühnenbildern, die mich an David Lynch oder Rene Magritte erinnerten. Es wurde skuril, witzig, krank – ja einfach genial. Da fuhren übergroße Winkekatzen durch das Bild und digitalbeschrifte Wolken fielen vom Himmel. Das vor allem das “klassische” Publikum damit nicht klar kam war unverkennbar. Selbst der wichtigtuende Kritiker neben mir – der in der ersten Halbzeit aus dem Schreiben nicht mehr rauskam und sich in der zweiten Halbzeit lieber gelangweilt in den Sitz fletzte, benutzte als Abschluß das Wort “Spaß” eher im negativen Sinne. Aus meiner Sicht unverständlich, denn ich hatte tatsächlich Spaß. Die verrückten Ideen nahmen kein Ende. Der kleine Roboter wurde demontiert und rumgetragen. Tod, Gewalt, Liebe und Hass wurden ihm nahegeführt. Er durfte im Arm kuscheln und versuchte an der Hand einen Schritt vor den anderen zu setzen. Er war präsent und doch nur eine unbeholfene Maschine. Das einzige was ich dem Stück “vorwerfen” kann ist, das es mir gezeigt hat, das solche humanoiden Geräte noch 50-100 Jahre davon entfernt sind, uns zu konkurrieren. I-Robot, Ex-Maschina und Co. sind Hollywood Märchen und das ist auch gut so. Und am Schluß tat er mir sogar etwas leid – denn jemand der diese Fülle von Input verarbeiten muß kann nur wahnsinnig werden.

Musikalisch gab es witziges und berührendes… ein bissl Carmen und beinahe ein Solo aus Arielle – doch bei allen bahnbrechenden Ideen scheitert sowas dann doch an der Rechtevergabe. Typisch Menschheit. Die My Square Lady Inszenierung ist jung, besonders, anders, interessant, zweifelnd, berührend, unterhaltend und komisch und doch ist sie ein Experiment und genau deshalb liebe ich die Intendanz des Hauses. Ein mutiger Akt, der auf Wiederstände stossen wird – der garantiert nicht von allen verstanden wird. Wie auch.. wir sind weit davon entfernt unsere Existenz auf diesen Planeten zu verstehen. Gerade die Freiheit des Geistes zeichnet uns Menschen aus und doch zwingt uns Schubladendenken immer wieder in harte Grenzen. Diese Inszenierung passt in keine Schublade und eines Tages wird meine Tochter sagen können: ich habe den ersten Androiden auf einer Bühne STEHEN sehen. Uns mag das einfache Rumstehen banal vorkommen, ja sogar lästig und doch war es ein unglaublicher Prozess, das zu erlernen. Ich kenne jedenfalls niemanden der stehend zur Welt gekommen ist – und gerade diese Kleinigkeiten machten diesen kleinen Roboter namens Myon dann wieder interessant.

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