Donnerstag, 18. April 2024

Mit Mackie Messer auf der Premiere des Dreigroschenfilms

oder wenn der Haifisch seine Zähne zeigt

Die Filmbranche ist bisher nicht so wirklich meine Welt. Trotz einiger kleiner Ausflüge ist es doch die echte Bühne, mit dem echten Feedback und den echten Emotionen die mich mehr verzaubert. Und doch bereue ich hin und wieder das ich manchen Premieren nicht beiwohnen darf, um die Filme und ihre Macher bei der Premiere hautnah zu erleben. Das war diesmal ganz anders ! Die Einladung zu Mackie Messer – der Dreigroschenfilm kam überraschend von einem Freund und ließ mich frohlocken als ich den Trailer sah. Und so geschah das unvermeidliche – ich erschien mit meinem persönlichen Mackie Messer auf dem blutroten Teppich am wunderbaren Zoo-Palast. Interessanterweise gab es tatsächlich Menschen hinter der Absperrung die auch meinen Namen kannten und damit meine ich nicht die Fotografen ?

Echtes Premierenfieber kam leider nicht auf denn irgendwie waren wir zu früh um den “Filmstars” zu begegnen aber was soll’s – schließlich bekam ich das Gesamtergebnis inklusive aller Akteure gleich auf der Leinwand präsentiert. Nach einer doch recht langen Ansprache und Fragerunde von Herrn Moor ging es dann los und zerrte mich vom ersten Satz an in eine Schockstarre – denn ich liebte die Form der Bebilderung, die Stimmung, die Atmosphäre und tatsächlich die Zitate. Nie habe ich Brecht gelesen oder zumindest nicht freiwillig und doch gelang es dem Regisseur und dem Hauptdarsteller mir diesen Künstler sehr nahe zu bringen. Der deutsche Film ist nicht gerade mein Favorit im Kino aber “Mackie Messer” liefert eine Verschmelzung von Dokumentation, Revuetheater, Musical und Tanz eingebettet in eine interessante Geschichte über einen Film der nie gedreht wurde mit Schauspielern vor dessen Leistung ich den Hut ziehe.

Erschreckend wie zeitgemäß die Zitate von Brecht auf unsere heutige Welt passen – ja beinahe gruselig. Eine gewisse Angst beschleicht einen spätestens wenn man im Film aus dem Radio hört das die damalige Nazipartei mit 18% aus der damaligen Wahl hervorging. Damals wie heute hieß es – die wollen nur “spielen” – was kann denn nichtmal 1/5 bewirken! Nun die Geschichte hat es gezeigt und zeigt es weltweit immer wieder. Aber nicht nur unsere aktuelle Geschichte wird mit Brecht Zitaten wie: “Wer die Wahrheit nicht weiß, der ist bloß ein Dummkopf. Aber wer sie weiß und sie eine Lüge nennt, der ist ein Verbrecher” schon ziemlich treffend beschrieben! Ob Herr Brecht schon wusste das Trump eines Tages Twitter vergewaltigt? Emotional hat mich der Film zwar nicht wirklich gepackt ABER optisch und vor allem an der Hirnrinde hat es ordentlich gefunkt! Mein Interesse für Berthold Brecht ist tatsächlich angefacht. Jetzt wird der eine oder andere wahrscheinlich mit dem Kopf schütteln, das es ein Film braucht aber letztlich ist es egal wer einem den Zugang verschafft, den der Deutschunterricht offenbar versäumt hat zu vermitteln. Cameorollen von Max Raabe waren da genauso willkommen, wie die mit unglaublicher Liebe zum Detail erdachten Szenarien und verwobenen Elemente von dem Theaterstück der “Dreigroschenoper” zum fiktiven Werk “Dreigroschenfilm” bis hin zu Auschnitten aus dem Leben von Brecht. Meisterhaft!

Für mich wohl eine der herausragendsten deutschen Verfilmungen der letzten Jahre und das obwohl ich zur Aftershow im Waldorf Astoria auch ganz andere Töne vernahm. Fest steht : dieser Film ist kein Mainstreamprodukt – Menschen werden aufstehen und den Film verlassen – andere hingegen werden sich begeistert darauf einlassen und darum geht es sowohl im Film als auch auf der Bühne.

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