oder für mich eine tolle Hommage an die Zeiten mit meener Oma vor der Glotze
Mein lieber Schwanemax… das war vielleicht eine Zeitreise. Temporär hab ich mich den halben Abend wieder zurückgesetzt gefühlt – ins kleine Örtchen Wiedersbach, in dem meine Uroma wohnte, die wir komischerweise immer zum Grand Prix besucht haben. Nicht weil sie einen so großen Fernseher hatte sondern wahrscheinlich weil es irgendwie dazugehörte in unserer Familie und meine Uroma dieses Festival der Musike immer sehr gemocht hat. Ich wiederum habe heute noch Alpträume wenn ich an ihre Zähne im Glas denke, die mich nachts angelächelt haben wenn ich auf Klo musste. Ich erinnere mich an die lustigen Reiter von Dschingis Khan und natürlich an das bisschen Frieden von Nicole. Und genau deswegen wurde dieser Abend so schön und leicht – weil wir und damit meine ich auch die jüngeren Generationen, mit diesem Event eine Liebeserklärung an ein vereintes und friedliches Europa verbinden – wobei natürlich die frühen 80er auch geprägt waren vom kalten Krieg und jede Menge Aufrüstung. Irgendwie scheint es mir heute als wenn wir kein Stück weiter sind… im Gegenteil wir bewegen uns rückwärts aber das soll nicht das Thema sein. Pasquale Aleardi kannte ich tatsächlich bis zum Wochenende noch nicht und tatsächlich lag der Grund in meiner Zusage zu dieser Premiere zum einen bei Andreas Bieber aber auch bei Martin Mulders. Beide haben mich schon mit Ihrer Stimme aber auch mit ihren schauspielerischen Talenten sehr begeistert. Und bei “Mein Grand Prix” ist es einmal mehr die Stimmgewalt die mich sehr unterhalten hat. Doch mein absolutes Highlight des ganzen Abends waren tatsächlich die Videoeinspieler von Andreja Schneider, die einmal mehr gezeigt hat, wie wunderbar wandelbar und urkomisch sie ist. Allein für diese Darbietung lohnt sich der Besuch.
Der ganze Abend durchläuft mehr oder weniger chronologisch die Hits aber auch die Flops des Eurovision Song Contests mit historischen Randinformationen und jeder Menge musikalischen Rückblicken. Gesungen wir in allen Sprachen die man sich so in Europa vorstellen kann und auch die Bühne hat für mich eine ganz besonderen Reiz gehabt. Denn mit wunderbarer Leichtigkeit und ein paar wenigen Elementen gelingt es der Show immer wieder neue Bühnensituationen zu erstellen. Großes Kompliment an Timo Dentler / Okarina Peter für diese Idee.
Aber nun kommen wir mal zum eigentlichen Gefühl dieses Abends. Es hat sich GUT angefühlt – auf der einen Seite hat man es den Menschen angesehen, das sie es gebraucht haben, einfach mal wegzukommen von all den Horrornachrichten, wegzukommen von dem ständigen Drang auf das Smartphone zu starren ob es noch schlimmer steht um diese Welt. Auf der anderen Seite hat man es ihnen aber auch angesehen das anfangs das volle Theater etwas Angst gemacht hat, wobei aber am Schluß fast jeder genau diese Angst zugungsten eines schönen Abends über den Jordan geworfen hat. Die Show war mit 3:15 Stunden tatsächlich etwas drüber und ich weiß nicht ob die letzte Zugabe nicht schon fast zu viel war – obwohl gerade da dann noch die Klassiker von ABBA & co. rausgeholt wurden. Ach Egal… meine Bedarf an Kultur ist noch immer unersättlich – insofern war auch das wunderbar. Pasquale führte humpelnd aber souverän durch die regionale Umarmung des Eurovision Song Contests, der dieses Jahr wohl zum ersten Mal auch krass politisch wird (wobei Conchita das eigentlich auch schon 2014 gelungen ist) und eins kann man auf jeden Fall festhalten: trotz schlimmer Verletzung in den Proben konnte der Mann auf der rosa Wolke der modernen Pharmazeutika über die Bühne schweben wie ein junger Sirtaki Gott.
Wer jetzt Lust bekommen hat mit Pasquale Aleardi fröhlich zu sein und die Geschehnisse der Weltpolitik und der Pandemie einen Augenblick zu vergessen, der kann sich noch bis zum 27.3.2022 im Tipi am Kanzleramt zum Wohl besten Song des Abends “Rise like a Phönix” die Tränen von den Bäckchen wischen.