Freitag, 19. April 2024

Elegies – Lieder für Engel, Punks und Dramaqueens

oder Das Leben schreibt die bewegendsten Geschichten

Jaaa ich weiß – ich habe diesen Blog quasi sträflich vernachlässigt – mal wieder ! Und das wird wahrscheinlich auch in Zukunft nicht besser. Doch zu diesem gerade gesehenen Musical, das ich noch nicht kannte und bei dem so viele meiner Lieblingssänger mitgewirkt haben (eigentlich alle) muss ich mal wieder was tippen. Was soll ich sagen AIDS und HIV waren in den 80zigern ein Dauerthema. Große Künstler haben uns verlassen und dennoch war es irgendwie weit weg. Für mich jedenfalls – denn als olle Hete hab ich damals kein Freund oder Weggefährten an diese Krankheit verloren. Zum Glück ! Vielleicht lag es daran das ich meine Schwulen Freunde an zwei Händen abzählen könnte und diese so jung waren das sie weniger sorglos mit der Krankheit umgingen.

Fakt ist … für mich war diese Krankheit nicht anders als Krebs, Herzinfarkt oder andere tödliche Gefahren, die wiederum sehr wohl in meinem Umfeld eine Rolle spielten. Mit dem kleinen aber feinen Unterschied das die Gesellschaft mit diesen Krankheiten deutlich weniger Probleme hatten. Stigmatisierung fand quasi nicht statt – wenn man mal davon absieht das geheucheltes Mitleid nicht als solches angesehen wird. Doch im Laufe meiner “Karriere” als Sheila hab ich natürlich unzählige Geschichten von zumeist tragischen Verlusten mitbekommen. Genau diese Geschichten sind es die unser Leben bestimmen und interessant machen. Echte Erzählungen und Erlebnisse sind das Spannendste was uns das Leben bietet und somit war ich trotz spartanischem Bühnenbild in jeder Sekunde gefesselt und ergriffen von Elegies – Lieder für Engel, Punks und Dramaqueens!

Einzige Kuriosität an dem Abend war die Anfrage im Vorfeld… irgendwie wünschte man sich von mir in Drag zu erscheinen – wohlgemerkt an einem Montag ! Praktisch machbar vor allem wenn es für eine gute Sache ist. Leider entzog sich mir während des Abends der Sinn dieses Wunsches aber was soll’s … den dreistündigen Aufwand verbuche ich unter “weil ich ja sonst nix zu tun habe” Versteht mich nicht falsch – ich bereue nicht das ich im Musical saß denn das war grandios – ich versteh nur nicht warum Menschen offenbar denken so eine Figur wie ich wacht fast so morgens auf und zieht sich nur mal eben schnell nen Kleid an.

Doch zurück zum Musical. All meine lieben Hauptcharaktere aus diversen Shows im Friedrichstadt Palast und anderen Musicals habe ich Wiedersehen dürfen – teilweise mit Liedgut – teilweise mit berührenden Monologen. Ein Querschnitt an Geschichten aus allen Gesellschaftsschichten über das Thema HIV / AIDS zeigte das es diesem Virus vollkommen Wurscht war in sein zukünftiger Wirt Hetero, schwul oder katholisch-außerirdisch war … er tobte sich in jedem aus samt der Nebenerscheinungen wir Ausgrenzung, Angst, Hass, Einsamkeit und letztendlich Tod. Letzterer hat großflächig gewütet und all das haben die Schauspieler mit tiefer Leidenschaft so wunderbar vermittelt ! Ich war wirklich sehr ergriffen auch wenn es letztendlich doch schwere Kost war – vor allem weil ich gerade an einem Punkt angekommen bin wo ich mich doch lieber mit den fröhlichen Dingen umgeben möchte um nicht irgendwann vom emotionalen Niedergang dieser Zeit eingeholt zu werden. Wir leben in unzufriedenen Zeiten und was daraus entstehen kann sollten wir am besten wissen.

Letztendlich hab ich es nicht bereut und liebe diese Inszenierung so sehr das es mich dazu gebracht hat nachts im 1:56 noch einen Beitrag zu schreiben !

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