oder eine ambulante Matinee zum 100sten Geburtstag der Traditionstheater
Obdachlosigkeit ist in Berlin kein neues Phänomen. Und leider fallen auch jahrhundertalte Kultureinrichtungen darunter. Denn Ja, das Theater und die Komödie am Kurfürstendamm wurden 2018 einfach abgerissen. Und das obwohl sie vom Erbauer des Renaissance-Theaters Oskar Kaufmann erbaut wurden. Doch während das Theater an der Hardenbergstrasse unter Denkmalschutz steht, übrigens genauso wie das Hebbel-Theater in Kreuzberg wurden die beiden Bühnen im Kudamm Karree leider von der Politik zur Zerlegung freigegeben. Auch wieder so eine vollkommen inkonsequente Entscheidung. Räumungsklagen und etliche Gerichtstermine gingen dieser Katastrophe voran. Eine Einigung mit dem Investor unter der Moderation von Klaus Lederer fand sich dann 2016. Das privatgeführte Theater “durfte” ins Schillertheater umziehen aber auch nur solange bis die Komische Oper 2023 aus dem eigenen Haus wegen Sanierungsarbeiten ausziehen musste. Derzeit verweilt die Komödie am Kurfürstendamm im Theater am Potsdamer Platz und hatte die Hoffnung dort bis zur Fertigstellung der eigenen neuen Bühne zu bleiben – doch Berlin wäre nicht Berlin, wenn nicht auch hier wieder Baustopp und Insolvenzen für Verzögerungen gesorgt hätten. Gegen all diese Widerstände hat sich die Familie Woelffer in mittlerweile dritter Generation hinweggesetzt und hofft nun auf das Jahr 2026. Das alles war Thema der aus meiner Sicht sehr frühen Geburtstagsmatinee, denn ich durfte um 7 Uhr morgens aufstehen um aus dem alten Mann ein mitteljunges Fräulein zu zaubern, die letzten Sonntag um 12 Uhr pünktlich begann weil es viel Programm gab und man natürlich abends noch den Mord im Orientexpress spielen wollte. Ich kann mir an der Stelle den Spagat vorstellen, ohne eigenes Haus eine solche Geburtstagsfeier auszurichten.
Im Foyer gab es ein Treffen mit vielen bekannten Gesichtern aus Film, Fernsehen und Theater und vielen Freunden der Kultur aber auch unheimlich vielen treuen Zuschauern, die schon seit mehreren Jahren dem Theater folgen, egal wo der politische Wind es hin trägt. Natürlich weiß ich um die finanziellen Herausforderungen eines solchen Events aber zumindest ein nettes Begrüßungsgetränk hab ich zu einem 100jährigem Geburtstag vermisst. Generell hatte ich nicht den Eindruck das es sich hier um eine Feier handelt sondern eher um eine Präsentation dessen was wir im neuen unterirdischen Haus erwarten können. An der Stelle darf ich verraten das die neue Architektur sehr ansprechend und einladend auf mich wirkt und ich mich sehr freue wenn dann 2026 endlich große Eröffnung an alter Stelle gefeiert wird. Und wenn ich den Worten von Kathi Thalbach glauben darf dann wieder mit einer Inszenierung die Geschichte in diesem Theater geschrieben hat. Apropos … Kathi… es gab natürlich zwischen den Dankesreden und der Vorstellung der neuen Spielstätte einige Unterhaltungselemente. Leider habe ich mich auch hier gefragt warum man nicht mit dem Bestem aufgetrumpft hat was die letzten Spielzeiten so her gegeben haben… alleine um Freude und Neugierde auf das kommende zu erzeugen. Stattdessen durfte der Chor Herzschrittmacher gleich sechs Lieder zum besten geben. Tatsächlich hätten mir 2 locker gereicht. Auch die kabarettistische Lesung und eine gesangliche Darbietung von Ilja Richter, die leider etwas daneben ging, weil er den Faden innerhalb seines Frank Sinatra / Harald Junke Dialogs etwas verpeilte… und anstatt das lässig zu überspielen drückte er die Fast Forward Taste und wiederholte alle seine bisherigen Witze nocheinmal. Wo war da das Improtalent? Egal… shit happens und was dafür megatoll und mit vielen schönen Anekdoten gespickt war, war der Trailer zu der Dokumentation der Familie Woelffer. Davon hätte ich gut und gerne noch 20 min mehr sehen können. Mein persönliches Highlight kam dann zum Schluß. Die Geschwister Pfister zauberten nochmal richtig gute Laune in den Saal der anfangs super gefüllt schien. Mit zwei Liedern und knalligen Kostümen brachten sie endlich den Glanz in die Hütte den die Komödie verdient hat. Ich erinnere mich an wirklich bunte glitzernde Produktionen voller Witz und Pailette… einer meiner ersten Besuche war wohl 2008.
Ich wünsche dem Familienbetrieb auch an dieser Stelle alles Gute und starke Nerven für den Fall der Fälle. Wobei ich mir aber ganz sicher bin das Martin und sein Team alle Eventualitäten meistern werden und auch 2025 tolle Produktionen auf die Wanderbühnen zaubern bis sie dann endlich im eigenen Haus wieder ankommen.